ein Kompositionsprojekt von Wolfgang
Seierl
in Zusammenarbeit mit der Internationalen
Paul Hofhaymer Gesellschaft Salzburg
"Dies ist das Wort des Voll-Erwachten,
Des besten Lehrers in der ganzen Welt:
Nicht euch gehört ja dieser Körper an!
Dies wissend, Mönche, gebt ihn auf!
Vergänglich, wahrlich, sind die Dinge alle!
Entstehen und Vergehn ist ihr Gesetz.
Entstanden kaum, sind sie geschwunden.
Daß sie zur Stillung kommen, ist das Glück."
(Buddha)
Die nunmehr zweite
Zusammenarbeit mit der Paul Hofhaymer Gesellschaft soll auf der ersten
" Primavera "aufbauen. Waren es bei dieser ersten Arbeit die Paradigmenwechsel
in der Musik des 16. und 20. Jahrhunderts, die die kompositorische Arbeit
thematisch inspirierte, so ist es in diesem Fall der Widerstreit von gegensätzlichen
Paradigmen, der das Thema dieser Arbeit sein soll. Seit einem Jahr ist
die Weltöffentlichkeit auch mit der Zerstörung von Werken und
Werten konfrontiert, die vor Allem Symbole der Macht waren. Die beiden
riesigen Buddhastatuen in Afghanistan aus dem 4. Jhdt. sollten die Weltherrschaft
des Buddhismus wie kein anderes Denkmal belegen, die beiden Türme
des WTC in New York die Weltherrschaft der USA im 20. Jahrhundert. Mutmaßungen
über den Wiederaufbau können als der Versuch gewertet werden,
brisante Geschichte eines Tages wieder ungeschehen erscheinen zu lassen.
Während die indische
Musik seit ihrem Entstehen bis heute modal und einstimmig ist, hat die
europäische Musik, obwohl ursprünglich und bis zum Mittelalter
ähnlichen Werten verpflichtet, eine radikale Entwicklung durchgemacht.
Mehrstimmigkeit und Harmonik können in diesem Zusammenhang als reale
Ausdeutung dessen betrachtet werden, was in der indischen Musik als Summe
des Gehörten sich erst quasi virtuell im Gedächtnis des Musikers
und des Zuhörers ergibt,- nicht das Verfolgen einer Melodie sondern
das Bauen eines musikalischen Raumes. Mit Hilfe elektronischer Mittel spüre
ich diesem Sachverhalt nach. Das Thema Zerstörung ist auch im Bereich
der Musik auf dieser Betrachtungsebene relevant. Der Paradigmenwechsel
von der modalen zur polyphonen und homophonen und Melodie-generierenden
Musik war trotz aller Bereicherung auch die Zerstörung eines musikalischen
Denkens und Erlebens, das Ausdruckskraft und Intensität aus dem Moment
der Improvisation sowie einer hohen Emotionalität bezogen hat.
Als Zentrum der Arbeit
ergibt sich das thema ÑBlindheitì,- Blendung als Mittel der (Selbst-) Zerstörung,
Blindheit als Attribut des Weisen. Die Blindheit der Zerstörung, von
Angst und Schrecken, aber auch von Leere und Weltabgeschiedenheit, die
für uns etwas frei gibt, etwas sichtbar,- hörbar macht. Und schließlich
die wie leere Augenhöhlen verbleibenden Nischen der zerstörten
Buddhas im Felsen von Bamyan, deren Gesichter schon im 10. Jhdt. zerstört
worden waren.
Die neunteilige Komposition
basiert auf Texten von Tich Nhat Hanh, Gotthard de Beauclair, Robert Musil,
Sophokles, Jim Morrison und dem historischen Buddha, unter Verwendung von
O-Ton-Dokumenten von
Jim Morrison, Jimi Hendrix, Allen Ginsberg und George Bush.
Die Besetzung:
Thomas Künne, Countertenor
Matthias Heubusch, Tenor
Alois Späth, Bassbariton
Jaroslaw Wroblewski,
Einstudierung und Leitung
Wolfgang Seierl, Gesamtleitung
und (Live)-Elektronik
Softwareentwicklung
Wolfgang Musil
Aufführungstermine:
1. November 2002 Schlosskirche Mirabell, Salzburg (UA)
28. November 2002 Karajan
Centrum, Wien
8., 9. und 10. Jänner
2004 Péniche Opéra, Paris (gefördert vom Land Niederösterreich,
vom Land Salzburg und vom Österreichischen Kulturforum, Paris)
gfördert von: SKE-Fonds/austro
mechana, Stadt Salzburg, Bundeskanzleramt/Kunstsektion und Land Salzburg